Am Ende eines Hotelaufenthalts taucht immer wieder die gleiche Frage auf: Ist es erlaubt gewisse Gegenstände einfach mit nach Hause zu nehmen – oder wird man dadurch schon zum Kriminellen? Dieser interessanten Frage geht die Falkensteiner-Hausjuristin Martina Flitsch nach.
Wenn es um angebrochene Shampoo-, Bodylotion- und Duschgel-Fläschchen, getragene Duschhauben, das halb zerlegte Nähset oder die benutzten Hotelschlappen geht, ist die Antwort scheinbar logisch und auch leicht nachvollziehbar: „Wenn das einmal aufgemacht, angebrochen oder verwendet ist, müssten die es doch sowieso entsorgen. Also ist es egal, ob ich das mitnehme oder nicht.“
Allerdings heißt das nicht gleich – nur weil es logisch, vernünftig und auch nachvollziehbar klingt, dass es rechtlich korrekt ist. „In Wirklichkeit ist hier die Rechtslage absolut eindeutig“, erklärt Martina Flitsch: „Man darf nichts von all dem mitnehmen, was sich im Hotel oder im Hotelzimmer befindet. Das gehört alles dem Hotel.“
Dies gilt auch wenn man beispielsweise die Bodylotion-Flasche angebrochen und zwei Drittel des Inhaltes verwendet hat, oder wenn die Badeschlappen patschnass neben der Dusche stehen, erläutert die in Wien bei der Jarolim Flitsch Rechtsanwälte GmbH praktizierende Anwältin.
Des Weiteren gilt es selbstverständlich noch viel mehr für Hotelschlappen und Duschgel-Fläschchen, die man nicht benutzt hat. Auch ebenso für Kugelschreiber, Bleistifte, den mit dem Hotellogo verzierten Schreibblock am Nachttisch oder die Kuverts und das Briefpapier in der Mappe auf dem Schreibtisch.
„Das sind Gegenstände, die das Hotel dem Gast für die Zeit seines Aufenthaltes zum Gebrauch zur Verfügung stellt. Das ist definitiv nichts, was man als Gast bei der Abreise mitnehmen darf“, betont die Juristin: „Tut man es doch, ist das Diebstahl – und vor dem Buchstaben des Gesetzes spielt es auch absolut keine Rolle, ob das, was ich stehle, einen oder eine Million Euro wert ist: Diebstahl ist Diebstahl.“
Natürlich weiß auch die Juristin, dass es in der Praxis ganz anderes aussieht. Sie hat sich sogar auf die Suche nach Urteilen oder Prozessen wegen verschwundener Lotions oder entführter Seifen gemacht – und erwartungsgemäß nichts gefunden: „Es gibt dazu keine Rechtsprechung, was ja auch nachvollziehbar ist: Wir sprechen hier von der Theorie und der Rechtslage, nicht vom wirklichen Leben.“
Theoretisch wäre es sogar möglich, schmunzelt die Anwältin, dass ein ertappter Gast sogar versucht den „Diebstahl“ mit der Rechtfertigung zur „Entwendung“ herabzustufen. Damit definiert man juristisch die sogenannte „Aneignung einer Sache geringen Wertes zur Stillung eines unmittelbaren Gelüstes.“ Fakt sei allerdings, „dass das eine juristische Frage ist, die sich in der Praxis wohl nie stellen wird“, so die Juristin.
Eines ist für die Hausjuristin Martina Flitsch klar: „Wenn man bei diesen Kleinigkeiten streng nach dem Buchstaben des Gesetzes vorginge, würde das allen das Leben schwerer machen. Manchmal ist es für alle einfacher, wenn man sich darauf verlässt, dass Hausverstand und Anstand in vielen Fragen die besseren und lebensnäheren Antworten geben.“